Dr.  Albert Hellmeier

Tierarzt - Homöopathie

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Vergiftungen

Spezifische Gegenmittel gibt es oft nicht, deshalb ist meist das Auslösen von Erbrechen innerhalb der ersten 30 Minuten ratsam.

Wichtigste Telefonnummer: Giftnotruf 089 / 19 240

1. mit Lebensmitteln

Zahlreiche Lebensmittel, die für uns Menschen ungefährlich sind, können bei Hund und Katze zu schweren Vergiftungen führen.

Avocado

Die höchste Giftkonzentration ist in den Blättern und im Stamm enthalten, das Fruchtfleisch und der Kern enthalten weniger Gift.

Magen-Darm-Symptome treten innerhalb von 3 Stunden auf. Bei höheren Dosen kommt es nach 15 Stunden bis 3 Tagen zu massiven Herzproblemen, in der Folge ist auch eine chronische Herzschwäche möglich.

Brotteig

Ungebackener Teig kann durch die Gärung der Hefe zu einer lebensgefährlichen Magenaufgasung und zu einer Alkoholvergiftung führen.

Die Symptome beginnen 60 Minuten nach der Aufnahme. Es kann zum Herz-Kreislauf-Kollaps, Koma und Atemstillstand kommen. Sollte das eingeleitete Erbrechen nicht erfolgreich sein, muss der Magen in Narkose entleert und gespült werden.

Hopfen

Die toxische Wirkung geht sowohl von der frischen Pflanze als auch von den Endprodukten aus. Beim Bierbrauen sollte der verarbeitete Hopfen deshalb nicht im Kompost entsorgt werden.

Mögliche Symptome sind unspezifisch: Hecheln, Unruhe, Fieber, Erbrechen, Krampfanfälle, brauner Urin durch Muskelnekrose.

Sollte das spätestens nach 2 Stunden eingeleitete Erbrechen nicht erfolgreich sein, muss der Magen in Narkose entleert und gespült werden. Zusätzlich kann Aktivkohle gegeben werden.

Macadamia-Nüsse

Etwa 1 Nuss pro kg Körpergewicht löst nach 6 – 24 Stunden Symptome aus: Hinterhandschwäche, Fieber, Gelenk- und Muskelschmerzen, gesteigerte Reflexe; Erbrechen, Durchfall und Bauchschmerzen als Zeichen einer Bauchspeicheldrüsenentzündung.

Schokolade, Kaffee und Tee

Schwere Symptome treten bei einem Verzehr von z.B. 60g 70%iger Schokolade bei 20kg Körpergewicht auf: Muskelzittern, Herzrasen, Atemnot, Schwäche, Krampfanfälle, vermehrtes Trinken, vermehrter Urinabsatz, Harninkontinenz.

Wichtigste Therapie ist die Entgiftung durch Erbrechen (bis 6 Stunden nach der Aufnahme der Schokolade), mehrfaches Verabreichen von Aktivkohle (alle 6 – 8 Stunden), eventuell Magenspülung, viel trinken lassen oder besser Flüssigkeitszufuhr durch Dauertropfinfusion. Bei Krampfanfällen Valium, Butorphanol, Barbiturate, Levetiracetam oder Propofol; Betablocker bei Herzproblemen.

Trauben

Rohe und gebackene Trauben, Rosinen und Sultaninen, auch Traubentrester können bei Hunden zu schweren Vergiftungen führen. Auch noch so kleine Mengen sollten ernst genommen werden. Es besteht aber kein Bezug zwischen aufgenommener Menge und der Prognose.

Nach bis zu 24 Stunden beginnen Erbrechen, Durchfall, Apathie, Bauchschmerzen, Durst, gesteigerter Urinabsatz; später fehlender Urinabsatz als Zeichen eines Nierenversagens.

Wichtig ist das Auslösen des Erbrechens, Magen-Darm-Spülungen, wiederholtes Verabreichen von Aktivkohle und eine Dauertropfinfusion über 2 – 3 Tage.

Xylit (Birkenzucker)

Birkenzucker (Xylit oder Xylitol) ist ein Süßstoff, der beim Hund schon ab 0,5g/kg Körpergewicht zum tödlichen Leberversagen führt.

Bereits 30 Minuten nach der Aufnahme kommt es durch eine starke Insulinausschüttung zur Unterzuckerung mit Erbrechen, Schwäche, Kollaps, Krampfanfällen. Nach 3 Tagen beginnen die Symptome der Lebererkrankung.

Da Zucker sehr schnell vom Körper aufgenommen wird, ist das Auslösen von Erbrechen nur unmittelbar nach der Aufnahme sinnvoll. Selbst bei intensiver stationärer Therapie ist die Prognose oft ungünstig.

Zwiebel, Knoblauch, Lauch, Schnittlauch

Sowohl frische als auch gekochte Pflanzen sind giftig, auch die getrocknete Form ist nicht ungefährlich. Katzen sowie die Hunderassen Akita Inu und Shiba Inu sind empfindlicher. Jede Aufnahme dieser Pflanzen sollte therapiert werden.

Symptome treten zwölf Stunden bis 5 Tage nach der Aufnahme auf: Erbrechen, Durchfall, Bauchschmerzen. Nach 3 Tagen beginnt eine Anämie mit blassen oder gelben Schleimhäuten und dunklem Urin.

Gegenmaßnahmen sind das Auslösen von Erbrechen und die Gabe von Aktivkohle, bei schneller Ausbildung der Anämie kann eine Bluttransfusion nötig werden.

Zit. aus „Der Praktische Tierarzt“ 102, 03/2021

2. mit Arzneimitteln

Ivermectin

Bei Hunderassen der Collie-Familie führt ein Gendefekt zu einer Überempfindlichkeit auf bestimmte Arzneimittel. (s. dort)

Humanarzneimittel

Ursache ist meistens ist ein gut gemeinter Therapieversuch des Besitzers mit Medikamenten, die für den Menschen harmlos und alltäglich sind. Gängige Schmerzmittel z.B. können hochtoxisch sein wie Paracetamol für Katzen.

3. mit anderen Stoffen

Drogen

In meiner Praxis stelle ich eine dramatische Zunahme dieser Vergiftungen fest. Vergiftungsquelle ist möglicherweise die Aufnahme von menschlichem Erbrochenen oder sonstigen Exkrementen beim Gassigehen.

Die Symptome ähneln i.d.R. denen bei menschlichem Konsum
(vermutlich Amphetamine, Exstasy, Marihuana).

Frostschutzmittel

Aufgrund des süßen Geschmacks werden Frostschutzmittel (z.B. Ethylenglykol) gerne aufgenommen.

Akute Symptome sind Erbrechen, nach Resorption treten neurologische Symptome auf: Krämpfe oder Bewegungsstörungen.
Die wesentliche Toxizität entsteht durch den Abbau und die Ausscheidung über die Niere. Schon wenige aufgenommene Milliliter können zu schweren Nierenschäden bis hin zum Tod führen. Die Nierenfunktion muss deshalb überwacht werden.

Trinkalkohol ist ein mögliches Gegengift, weil er mit dem enzymatischen Abbau der Frostschutzmittel konkurriert. Das Auslösen von Erbrechen ist nur direkt nach der Aufnahme sinnvoll, die Gabe von Aktivkohle hat keinen Effekt.

Schädlingsbekämpfungsmittel

Ein trauriges Thema.
Unterschieden werden muss zwischen der versehentlichen Aufnahme und dem gezielten Versuch, Tiere zu vergiften.

Immer wieder kommt es zu Sekundärvergiftungen, d.h. eine Katze frißt eine vergiftete Maus oder Ratte.

Cumarine

Sie verhindern die Blutgerinnung, deshalb treten Blutungen in allen Organen auf, z.B. Haut, Lunge, Magen, Darm, Gehirn, Gelenke mit entsprechenden Symptomen (Blutergüsse, Bluten nach Injektionen, Nasenbluten, blutiger Husten, Bluterbrechen, schwarzer Kot, Lähmungen, Krämpfe, Lahmheit).

Erst nach 2-5 Tagen sind die Speicher der Vitamin K-abhängigen Gerinnungsfaktoren aufgebraucht, dann kommt es zum Auftreten der ersten Symptome.

Das Auslösen von Erbrechen ist nur direkt nach der Aufnahme sinnvoll, anschließend wiederholt Aktivkohle geben (bei Verstopfung in Verbindung mit Glaubersalz). Nach Eintritt der Symptome sind diese Maßnahmen jedoch zwecklos.

Das Antidot der Wahl ist Vitamin K1.

alpha-Chloralose

Alpha-Chloralose ist ein Gift, das von der Firma Neudorff als „Sugan MäuseKöder Korn“ und „Sugan MäuseKöder Paste“ angeboten wird und (eigentlich) ausschließlich in Köderboxen und innerhalb geschlossener Gebäude angewendet werden darf. Das Gift ist leider freiverkäuflich.

Das Gift löst innerhalb von 30 Minuten bis 4 Stunden v.a. neurologische Symptome aus: Übererregbarkeit gegenüber äußeren Reizen, Schläfrigkeit bis zum Koma, Zittern, Krämpfe, extremes Speicheln, unkontrollierter Harn- und Kotabsatz, enge Pupillen. Die Untertemperatur kommt scheinbar nicht mehr so häufig vor, d.h. Normaltemperatur schließt eine alpha-Chloralose-Vergiftung keinesfalls aus.

Es gibt kein spezifisches Gegenmittel. Die Therapie erfolgt rein symptomatisch. Bei rechtzeitiger Behandlung ist die Prognose aber selbst bei schwerer Symptomatik und einer hohen aufgenommenen Dosis gut.


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Samstag 23 November, 2024

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