Kastration des Rüden
Ohne besonderen Grund raten wir nicht zur Kastration, da ein hormonloser Rüde als ein "Neutrum" Probleme mit seinen Artgenossen im Alltag bekommen kann (Aggression gegen den Kastraten). Weitere Nebenwirkungen s.u.
Empfehlenswert
ist die Kastration aber bei therapieresistentem Vorhautausfluss (Präputialkatarrh) oder bei stark
testosteronbestimmten, aggressiven Rüden. Das Verhalten kann angepasster,
vermehrt sozialisierter werden.
Unbedingt notwendig ist eine Kastration bei Tumoren, Prostatazysten, einer Perinealhernie
(Dammbruch), oder wenn ein oder beide Hoden nicht komplett in den Hodensack abgestiegen
sind (Kryptorchismus).
"Chemische" Kastration
Seit einigen Jahren gibt es die Möglichkeit, mit einem
Hormon-Implantat zeitlich begrenzt die Wirkung einer Kastration zu imitieren. Dieser
Medikamenten-Chip (SuprelorinR) wird wie der Mikrochip zur
Kennzeichnung unter die Haut injiziert. Er enthält ein Hormon, das
kontinuierlich an den Körper abgegeben wird und eine vorübergehende
Unfruchtbarkeit bewirkt. Man spricht daher von einer „chemischen“ Kastration im
Gegensatz zur „chirurgischen“ Kastration. Das Implantat benötigt bis zu 6
Wochen, um die volle Wirksamkeit zu erreichen. In dieser Zeit kann aber es durch
einen Rebound-Effekt sogar zu einem Anstieg des Testosteron-Spiegels
kommen, das unerwünschte typische Rüdenverhalten verstärkt sich dann.
Die Wirkdauer
beträgt etwa 6 bzw. 12 Monate bei Rüden zwischen 10 und 40 kg, abhängig vom
Wirkstoffgehalt des Chips. Die Wirkung kann aber auch wesentlich länger
anhalten. Es fehlen laut Hersteller Langzeitdaten, die sicher belegen, dass
die klinischen Wirkungen (verringerte Hodengröße, verringertes Ejakulatvolumen,
verminderte Spermienzahl, verringerte Libido und Fruchtbarkeit) nach 12 Monaten
vollständig reversibel sind. Die Wirkung kann sogar bis zu 2,5 Jahre oder noch
länger anhalten.
Die Nebenwirkungen sind die gleichen wie bei der normalen Kastration: Haarkleidveränderung, gesteigerter Appetit, Gewichtszunahme, Harninkontinenz, Trägheit, für andere Hunde bemerkbare Geruchsveränderung und dadurch Aggression gegen den geschlechtsneutralen Kastraten. Es können auch vermehrte Unsicherheit, Ängstlichkeit, sogar gesteigerte Aggression auftreten. Der Hersteller warnt deshalb ausdrücklich: "Hunde mit soziopathischen Störungen und Episoden intraspezifischer (Hund zu Hund) oder interspezifischer (Hund zu anderen Tierarten) Aggression sollten weder chirurgisch noch mit Implantat kastriert werden."
Die Kastration eines Rüden wird oft mit völlig unrealistischen Erwartungen verbunden. Es gibt keine mühelose Lösung aller Verhaltensprobleme, weder chirurgisch noch chemisch. Nur sexuell motiviertes Verhalten kann sich bessern, nicht aber territoriale Aggression oder Jagdverhalten. Probleme, die durch Rasse, Prägung oder mangelnde Erziehung entstehen, bleiben oder verschlimmern sich. Hund bleibt Hund, Rüde bleibt Rüde.