Fuchsbandwurm
Neue Erkenntnisse zum Fuchsbandwurm:
Schreckgespenst für Liebhaber von Wildgemüsen und
-beeren
Genießer von Wildsalaten und -früchten werden zunehmend verunsichert, in ihrem Sammelgut stecke durch Kontamination
mit den Eiern des Fuchsbandwurmes ein lebensbedrohliches Erkrankungsrisiko. Und das ist tatsächlich möglich: Der kleine
Fuchsbandwurm (Echinococcus multilocularis) lebt im Enddarm des Fuchses und seine Eier werden mit dem Fuchskot
ausgeschieden. In den menschlichen Mund gelangt, verwandeln sie sich im Darm zu winzigen Larven, die die Darmwand
durchbohrend in die Blutbahn wandern. In der Leber angelangt, können sie dort als Finnen in den nächsten 8-10 Jahren zur
Wucherung von tumorartigen und bis kindskopfgroßen Gebilden führen, die man wegen der Schmerzunempfindlichkeit der Leber
erst sehr spät als Druckgefühl im Oberbauch spürt. Früher starben die erkrankten Menschen einen qualvollen Tod,
heutzutage kann die moderne Chemotherapie bis zu 90% der Befallenen auch im Spätstadium noch retten. Wieviele Leute
tatsächlich ernsthaft durch Fuchsbandwurmbefall erkranken, weiß niemand genau. Es ist allerdings geplant, in die
bevorstehende Neufassung des Bundes-Seuchengesetzes eine anonyme Meldepflicht hierzu einzuführen. Derzeitige Schätzungen
liegen zwischen 5 und 50 Neuerkrankungen in Deutschland pro Jahr.
Die bislang größte wissenschaftliche
Reihenuntersuchung an Menschen wurde 1996 von den Universitäten Stuttgart-Hohenheim und Ulm durchgeführt. Untersucht
wurden über 2500 Dorfbewohner der schwäbischen Alb, die als Hochburg des Fuchsbandwurms gilt.
Ergebnisse:
Über 60 der Probanden zeigten Antikörperreaktionen ihres Blutes bezüglich Fuchsbandwurmeiern, d.h. offenbar waren diese Eier in ihre Blutbahn gelangt und hatten dort zu Immunabwehrreaktionen des Blutes geführt. Offenbar funktioniert bei Menschen mit gesundem Immunsystem die Vernichtung von Fuchsbandwurmeiern auch deswegen so erfolgreich, weil sich der Fuchsbandwurm im Laufe der Evolution vor allem Mäuse als Zwischenwirt (= eine für die Larvenentwicklung notwendige andere Tierart) für seine Finnen auserkoren hat. Der Mensch ist dabei nur als "falscher" Zwischenwirt am Rande des Geschehens ungezielt mitbetroffen und sein Abwehrsystem wird deshalb relativ leicht mit diesen Eindringlingen in der Blutbahn fertig.
Bei drei der Untersuchten wurden mit Ultraschall Fuchsbandwurmzysten in der Leber entdeckt, dies waren die gefürchteten
Positivfälle. Hierbei führt man die sehr hohe Befallsquote von über 1 Promille der Untersuchten auf das überaus hohe
Fuchsbandwurmvorkommen in der schwäbischen Alb zurück.
Überraschend: diese über 60 Fuchsbandwurm infizierten Menschen
gehörten nicht signifikant häufig den mutmaßlichen Risikogruppen an, es waren also nicht überdurchschnittlich viele
Waldarbeiter oder Beeren- oder Pilzesammler betroffen, was man eigentlich erwartet hatte. Denn diese Menschengruppen
kommen ja am ehesten mit fuchsbandwurmhaltigen Kotspuren in Berührung. Auch die Halter von Schmusetieren wie Hunde und
Katzen waren nicht besonders häufig befallen, obwohl der Fuchsbandwurm auch den Enddarm vor allem von Hunden gern
bewohnt.
Andere Untersuchungsergebnisse legen für das Tropeninstitut München den Verdacht nahe, dass in freier Landschaft
arbeitende Landwirte eine Risikogruppe darstellen, die während der Bestellung ihrer Wiesen und Felder durch
aufgewirbelte Fuchsbandwurmeier infiziert werden können. Wie der gängige Übertragungsweg infektiöser Eier auf den
Menschen tatsächlich verläuft muss weiter erforscht werden.
Für Bayern zeigen medizinische Untersuchungen an Menschen
Erfreuliches: Ende der 90er Jahre wurden 100 längerfristig Beschäftigte der Bayrischen Staatsforstverwaltung,
Waldarbeiter und Revierbeamte aus verschiedenen Regionen Bayerns serologisch auf Antikörperreaktionen bezüglich
Fuchsbandwurmeiern untersucht: alle Befunde waren negativ.
Auch in der Bayrischen Staatsforstverwaltung wurde in den
letzten 8 Jahren keine Neuerkrankung durch Fuchsbandwurminfektion bei Waldarbeitern (Beerenesser) oder Revierbeamten
(Fuchsabschüsse incl. Abbalgen) bekannt.
Insgesamt sind in Bayern nach Angaben des Tropeninstituts München derzeit 80 bis 90 Patienten in Behandlung.
Zusammenfassend:
In Bayern ist die Gefahr einer Infektion mit Fuchsbandwurmeiern als sehr gering einzuschätzen.
Das Restrisiko
minimiert man gemäß der überkommenen Vorstellung durch:
- Sammeln von Blättern und Früchten an Stellen, wo kein Fuchskot zu erwarten ist. Der Fuchs kotet zur Reviermarkierung an markanten Plätzen mit Übersicht wie Hügelkuppen, Felsen, auf Baumstümpfen, an Wegeskreuzungen u.ä.
- Sammeln möglichst in Kniehöhe und darüber, wo kein Fuchskot hinfällt.
- Gründliches Waschen des Sammelgutes. Wenn auch die einzelnen 1/30mm grossen Fuchsbandwurmeier als ´klebrig´gelten, so kann man kleine Kotteilchen und mit ihnen die darin gegebenenfalls enthaltenen Eier doch wegwaschen.
Garantiert hilft aber:
- Abkochen des Sammelgutes. Dadurch werden die Eier abgetötet. Einfrieren überleben sie.
- Gesunde und immunsystemstärkende Lebensweise.
Wer trotzalledem von besorgten Mitmenschen Vorhaltungen wegen der von ihm eingegangenen Restrisiken zu hören bekommt,
stellt einfach mal die Gegenfrage: Haben Sie bei Ihrem letzten Restaurantbesuch und bei Ihren letzten Einkäufen von
Salaten doch hoffentlich auch jedesmal nachgefragt, ob diese Lebensmittel auch auf garantiert fuchsbandwurmsicher
abgezäuntem Gebiet gewachsen waren?
An dieser Stelle enden alle Warnrufe zum Fuchsbandwurm wohl auch deswegen, weil
hier Klagen wegen geschäftsschädigendem Verhaltens zu befürchten wären. Und für unsere staatlichen
Lebensmittelüberwacher ist der Fuchsbandwurm auch kein Thema.
Fazit:
Es gibt weiterhin ein sehr geringes Restrisiko. Dessen Einschätzung und die entsprechenden Vorsichtsmassnahmen muss nach wie vor jeder für sich selbst treffen.